Wie Praxisübergabe & Praxisverkauf optimal gestaltet werden können
41 % aller niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte waren 2022 über 60 Jahre alt. Es steht also in den nächsten Jahren ein nie dagewesener Generationenwechsel bevor. Gleichzeitig wächst die Zahl der angestellten Ärztinnen und Ärzte, während die Zahl der Arztpraxen zurückgeht. Bei der Frage der Generationsnachfolge stehen Ärztinnen und Ärzte daher vor großen Herausforderungen. Denn die Zeiten, als eine Praxis an den Meistbietenden verkauft werden konnte, sind längst vorbei. Im Gegenteil: Gerade in ländlichen Regionen gibt es zunehmend Probleme, geeignete Nachfolger zu finden. Erfahren Sie hier mehr darüber, wie Sie die Generationennachfolge für Ihre Praxis optimal gestalten können und welche Rolle Ihr Steuerberater dabei spielt. Damit Sie entspannt in den Ruhestand gehen können.
Das Wichtigste vorab in Kurzform
- In den nächsten Jahren steht ein umfangreicher Generationswechsel bei Ärztinnen und Ärzten an.
- Für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte bedeutet dies, dass sie sich rechtzeitig mit der Generationsnachfolge beschäftigen sollten.
- Gerade in ländlichen Regionen gestaltet sich die Suche nach einem Nachfolger problematisch.
- Als Nachfolgeregelung kommen sowohl eine Übergabe der Praxis an eigene Familienangehörige, ein Praxisverkauf als auch die Eingliederung in eine Praxisgemeinschaft oder ein MVZ infrage.
- Die Art der Übergabe sollte mithilfe eines auf Heilberufe spezialisierten Steuerberaters sorgfältig geplant werden, damit alles korrekt abläuft und ein entspannter Start in den Ruhestand gelingt.
Was sind die Ziele der Generationsnachfolge für eine Praxis?
Mit der Übergabe der eigenen Praxis sollen in der Regel folgende Ziele erreicht werden:
Weiterführung des Lebenswerks
Der Aufbau einer eigenen Praxis stellt ein wichtiges Lebenswerk dar und sicherlich ist es für viele Ärztinnen und Ärzte eine Herzensangelegenheit, “ihre” Praxis auch weiterhin in guten Händen zu wissen. Sicherlich werden die Nachfolger einiges anderes machen, das Wohlergehen der Patienten und die medizinische Versorgung in der Region sollen jedoch weiterhin gesichert werden.
Einkommensteuer leisten. Die Endabrechnung über die tatsächlich anfallende Einkommensteuer bzw. Lohnsteuer erfolgt bei allen natürlichen Personen mit der Einkommensteuererklärung bzw. dem sogenannten Lohnsteuerjahresausgleich.
Absicherung für die eigene Familie
Ein wichtiger Aspekt bei der Nachfolgeregelung für Arztpraxen ist sicherlich auch die Absicherung der eigenen Familie. Falls die Kinder auch Ärzte sind und Interesse an einer eigenen Praxis haben, bietet die Übergabe der eigenen Praxis eine gute Basis für das Auskommen der Kinder. Falls keiner aus der Familie Interesse an einer Übernahme hat, kann die Praxis an externe Nachfolger verkauft werden. Die aus dem Verkauf erzielten Erlöse können dazu beitragen, die eigene Familie finanziell abzusichern.
Alterssicherung
Viele niedergelassene Ärzte haben in der Vergangenheit fest damit gerechnet, dass der Verkauf ihrer Praxis im Alter ihren Ruhestand finanzieren kann. Diese Träume platzen inzwischen häufig, da es in vielen Regionen nicht genügend potenzielle Nachfolger gibt. Dies mindert die Chancen auf einen Verkauf und vor allem auf einen hohen Erlös. Optimalerweise sollten Sie als niedergelassener Mediziner Ihre Alterssicherung auf mehreren Pfeilern und nicht lediglich auf den Verkauf Ihrer Praxis aufbauen. Fragen Sie dazu unbedingt frühzeitig bei Ihrem Steuerberater nach Tipps!
Wann sollte die Generationennachfolge für eine Praxis in Angriff genommen werden?
Optimalerweise sollten Sie sich bereits ab dem Alter zwischen etwa 50 und 55 Jahren Gedanken zur Nachfolgeplanung für Ihre Praxis machen. Denn in diesem Zeitraum sind Kinder in der Regel bereits geboren und in Ausbildung, Ihre Praxis gut eingeführt und Investitionen in die Modernisierung einer Praxis können noch relativ leicht verwirklicht werden. Viele Ärztinnen und Ärzte werden diesen Zeitpunkt realistischerweise bereits überschritten haben, fangen Sie trotzdem baldmöglichst mit Überlegungen und Planungen an. Mit 60 ist es noch nicht zu spät, erst einige Monate vor einem angedachten Ruhestand eine zufriedenstellende Nachfolgeregelung zu finden, ist hingegen relativ unrealistisch. Bedenken Sie zudem, dass eine bereits in die Wege geleitete Generationsnachfolge auch helfen kann, eine Praxis trotz unerwarteter Ereignisse, wie zum Beispiel bei einer plötzlichen schweren Erkrankung, zu erhalten.
Nachfolger gesucht: Ist Ihre Praxis attraktiv für junge Ärztinnen & Ärzte?
Worauf achten potenzielle Nachfolger bei einer Praxis?
Ablauf Generationsnachfolge in einer Praxis
Damit eine Arztpraxis optimal an die nächste Generation übergeben werden kann, sollten Sie folgende Schritte planmäßig angehen:
Art der Nachfolge entscheiden
Überlegen Sie zunächst, an wen Sie realistischerweise Ihre Praxis übergeben könnten. Sind Ihre Kinder ebenfalls Ärzte und haben Interesse? Gibt es eventuell einen jungen Kollegen oder eine Kollegin, die Sie sich als Nachfolger vorstellen können? Prüfen Sie vorab vor allem folgende Ansatzpunkte:

Nachfolge innerhalb der Familie
Falls die Kinder ebenfalls Medizin studieren, kommen diese fast zwangsläufig als nächste Generation für die Praxisübernahme in Frage. In vielen Fällen gelingt dies, in anderen Fällen haben die Kinder andere Pläne oder entscheiden sich für andere Berufswege. In diesem Fall können externe Kollegen die Generationsnachfolge antreten.
Externe Nachfolger
Falls keine Nachfolgeregelung innerhalb der Familie möglich ist, kann ein externer Nachfolger gesucht werden. Dies werden in der Regel jüngere Kollegen und Kolleginnen sein, die alleine oder als Praxisgemeinschaft eine eigene Praxis suchen. Die Chance, unter mehreren Bewerbern aussuchen zu können, hängt dabei vor allem von der Lage und vom Potenzial der Praxis ab.
Aufnahme neue Partner
Vielleicht ist es für Sie als Inhaber einer Arztpraxis auch interessant, zunächst neue Mitinhaber in Ihre Praxis aufzunehmen oder einen jüngeren Kollegen einzustellen? Sie können sich so schrittweise aus Ihrem Arbeitsleben verabschieden und erhalten so eventuell die Chance, einen potenziellen Nachfolger einzuarbeiten, der die Praxis später kaufen könnte. Prüfen Sie diese Alternative, die sich vor allem dann anbietet, wenn Sie noch etwas Zeit bis zum Altersruhestand haben und sich noch nicht völlig aus dem Beruf verabschieden möchten.
Eingliederung in eine Praxisgemeinschaft oder ein MVZ
Die Zeit der Einzelkämpfer ist auch bei Arztpraxen fast vorbei. Junge Mediziner möchten nicht alleine die Verantwortung tragen und zudem mehr Work-Life-Balance und mehr Zeit für Familie und Freunde. Zunehmend werden Arztpraxen daher als Praxisgemeinschaft in Form einer Berufsausübungsgemeinschaften (BAG), als GmbH oder als MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) geführt. Es ist möglich, eine Einzelpraxis in eine solche Organisation zu überführen oder einzugliedern.
Verkauf der Praxis
Bei einem Verkauf der Praxis übergeben Sie Ihre gesamte Praxis gegen Entgelt an Ihre Nachfolger. Auch in diesem Fall ist es auf Wunsch möglich, dass Sie für eine begrenzte Zeit noch zur Einarbeitung zur Verfügung stehen.
Nachfolger suchen
Sobald Sie sich für eine bestimmte Art der Praxisübergabe entschieden haben, sollten Sie auf die Suche nach den passenden Nachfolgern gehen. Unterstützung erhalten Sie dabei sowohl durch die Ärztekammer als auch durch Ihr berufliches Netzwerk.
Vertragsgestaltung der Nachfolge klären
Sobald sich potenziell geeignete Nachfolger finden, müssen die Einzelheiten der Übernahme geklärt werden. Neben dem Kaufpreis spielen dabei auch die Art der Kaufpreiszahlung sowie Aspekte wie Übernahme der Mitarbeiter, Übernahme von Mietverträgen und vieles mehr eine Rolle.
Kaufpreis klären
Ein wichtiger Punkt in den Verhandlungen mit Nachfolgern ist sicherlich die Frage des Verkaufspreises für eine Praxis. Um hier einen realistischen Ansatz zu finden, ist unbedingt eine Wertermittlung durchzuführen. Dabei werden sowohl monetäre Aspekte (Wert der Praxiseinrichtung & Geräte, aktueller Umsatz) als auch immaterielle Werte (Patientenstamm, Anteil an Privatpatienten, Lage der Praxis, Potenzial der Praxis) berücksichtigt.
Viele wichtige Informationen zur Ermittlung des Wertes einer Praxis finden Sie hier!
Kann man einen Kassensitz verkaufen?
Im Grunde genommen kann ein Kassensitz (KV Sitz) nicht verkauft werden, sondern lediglich die Praxis inklusive aller Einrichtungsgegenstände, der Kassensitz ist darin dann quasi enthalten. Allerdings muss sich der / die Nachfolger:in auf jeden Fall eigenständig ins Arztregister der zuständigen KV eintragen lassen und auf die Zulassungswarteliste setzen lassen.
Art der Kaufpreiszahlung klären
Häufig unterschätzt bei den Vertragsverhandlungen wird die Bedeutung der Art der Kaufpreiszahlung. Dabei kann dieser Aspekt wesentlich zu einem finanziell entspannten Ruhestand beitragen. So wird ein bisheriger Praxisinhaber vielleicht seinen Kindern die Praxis ohne eine Abstandszahlung übergeben, dafür jedoch eine monatliche Rentenzahlung vereinbaren? Dies erleichtert den Kindern die Finanzierung. Diese Art von Vereinbarung kann auch für externe Nachfolger genutzt werden. Weiterhin kann über eine Kombination aus Einmalzahlung und weiteren Ratenzahlungen nachgedacht werden.
Immobilienwerte mit verkaufen oder vermieten?
Falls sich die Immobilie, in der sich die Praxis befindet, im Eigentum des bisherigen Praxisinhabers befindet, ist zu entscheiden, ob die Immobilie ebenfalls verkauft oder an den Nachfolger vermietet werden soll. Beide Verfahren bieten Vorteile & Nachteile. Besprechen Sie dieses Thema daher unbedingt vorab mit Ihrem Steuerberater.
Übernahme Personal & Patienten klären
In der Regel wird das Praxispersonal bei einer Praxisübernahme ebenfalls übernommen. Dies ist für die Nachfolger angesichts des aktuellen Fachkräftemangels an Medizinischen Fachangestellten in der Regel von großer Bedeutung. Die bestehenden Arbeitsverträge werden komplett übernommen, allerdings haben die Mitarbeiter einen Monat nach der Übernahme noch ein Widerrufsrecht.
Bezüglich der Patientendaten gestaltet sich die Übernahme rechtlich gesehen schwieriger, denn Patientendaten dürfen weder verkauft noch gekauft werden. Tipps, wie Sie hier vorgehen können und welche Dokumentationen Sie sicherheitshalber vornehmen sollten, finden Sie hier.

Expertentipp
Dipl.-Kfm. Klaus Axmann
Steuerberater, Fachberater für den Heilberufbereich (IFU/ISM gGmbH)
Holen Sie sich professionelle Unterstützung für den Generationswechsel Ihrer Praxis!
Die Übergabe einer Praxis an die nächste Generation ist ein wichtiger Schritt und sollte sorgfältig geplant und durchgeführt werden. Denn immerhin übergeben Sie als bisheriger Inhaber Ihr Lebenswerk an Ihre Nachfolger. Damit dies erfolgreich gelingt, sollten Sie sich frühzeitig von Experten unterstützen lassen. Neben der Ärztekammer sollte ein auf Ärzte spezialisierter Steuerberater kontaktiert werden, um die Nachfolgeregelungen bestmöglich zu gestalten. Ein Steuerberater wird alle mit der Übergabe verbundenen Wünsche und Ziele mit Ihnen besprechen, Sie bei der Wertermittlung und somit bei der Einschätzung eines realistischen Verkaufspreises unterstützen und sämtliche Vertragsbestandteile für Sie rechtlich und steuerlich klären. Damit Sie anschließend gelassen in den Ruhestand starten können!
Gerne begleiten wir Sie als Steuerexperten für Ärzte & Nachfolgeregelungen bei Ihrem Vorhaben. Melden Sie sich möglichst bald bei uns!
Vertrag abschließen
Sobald alle Regelungen vereinbart wurden, wird ein Vertrag zur Praxisübernahme mithilfe eines Steuerberaters und eines Rechtsanwalts aufgesetzt und abgeschlossen. Einen Beispielvertrag finden Sie hier. Lassen Sie sich jedoch Ihren eigenen Vertrag unbedingt von einem Experten erstellen.
Checkliste für Verkauf bzw. Übergabe einer Praxis
Einen detaillierten Überblick, was konkret bei der Übergabe & Übernahme einer Praxis zu beachten ist, finden Sie in unserer ausführlichen Checkliste, die Sie sich hier herunterladen können.
Nachfolger einarbeiten
Ein wichtiger Schritt, damit die Generationennachfolge in Ihrer Praxis erfolgreich gelingt, ist eine gute Einarbeitung der Nachfolger. Dazu gehört unbedingt eine positive Herangehensweise von beiden Seiten. Das Praxispersonal und die Patienten sollen den Eindruck gewinnen, dass die Dinge sich gut weiterentwickeln. In vielen Fällen bleibt der bisherige Inhaber noch tageweise in der Praxis und sorgt für einen soften Übergang. Dies kann selbstverständlich individuell geregelt werden. Denken Sie auf jeden Fall darüber nach, wie Sie den Generationenwechsel für alle Beteiligten so angenehm wie möglich gestalten können.
Fazit
Die Generationsnachfolge bei einer Arztpraxis sollte möglichst frühzeitig und gut geplant erfolgen. Zur Unterstützung sollten Sie unbedingt einen Steuerberater beauftragen, der sich im Gesundheitsbereich gut auskennt und schon viele Ärzte bei der Praxisübergabe begleitet hat. Mit Klaus Axmann und Lisa-Marie Lütz haben wir zwei ausgewiesene Experten für Heilberufe im Team der Axmann & Engling Steuerberatung, die Sie kompetent betreuen können.
Als Experten für Heilberufe und Unternehmensnachfolge helfen wir Ihnen gerne bei der Planung & Durchführung der Generationennachfolge.
Vereinbaren Sie jetzt ein kostenloses Erstgespräch zum Kennenlernen.
FAQ
Potenzielle Nachfolger für eine Arztpraxis werden sich nicht nur die Lage und Ausstattung einer Praxis anschauen, sondern auch das Potenzial ermitteln. Dazu wird in der Regel sowohl der Bestand an Patienten im Hinblick auf den Mix an Kassen- und Privatpatienten analysiert als auch das Potenzial der Praxis im Hinblick darauf, weitere private Leistungen anzubieten und attraktiv für neue Patienten zu werden.
Eine möglichst nahtlose Übergabe einer Praxis gelingt oft gerade dann, wenn der potenzielle Nachfolger / die potenzielle Nachfolgerin bereits zuvor in der Praxis tätig war, die Patienten kennt und mit dem Ablauf in der Praxis vertraut ist. Daher kann es sinnvoll sein, potenzielle Nachfolger bereits frühzeitig in die Praxis zu integrieren, entweder als Teilhaber oder als Angestellter.
Ob und in welchem Maße ein Verkauf gelingen kann, der den finanziellen Aspekt des eigenen Ruhestands sichert, hängt vor allem von der Attraktivität der Praxis in Bezug auf Lage, Fachrichtung und Potenzial ab. Landarztpraxen sind dabei erfahrungsgemäß weniger gefragt als Großstadtpraxen mit einem hohen Anteil an Privatpatienten. Lassen Sie daher den Wert Ihrer Praxis vorab ermitteln, um Ihren Ruhestand realistisch zu planen.